Zustellung von Schriftstücken: Die korrekte Adressierung einer Kapitalgesellschaft
Tax News 2/2025
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Das Finanzamt versendete Schreiben an eine GmbH zu Handen des Geschäftsführers und stellt diese in die Databox der GmbH zu. Laut VwGH ist damit der Geschäftsführer der einzige formelle Empfangsadressat, im Zeitpunkt des Eingangs in die Databox der GmbH ist das Schreiben dem Geschäftsführer noch nicht zugestellt. Das Finanzamt hätte in dessen Databox zustellen müssen. Die Zustellung ist erst dann rechtswirksam, wenn der Geschäftsführer die Schreiben in der Databox der GmbH tatsächlich einsieht, hingegen noch nicht, wenn er diese einsehen hätte können. Dies ist für den Fristenlauf entscheidend.
1. VwGH vom 22.12.2023
Das Finanzamt forderte eine GmbH auf, adressiert zu Handen (Zusatz „z.H.�) ihres Geschäftsführers, die erforderliche Meldung gemäß Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz bis zum 23.8.2021 nachzuholen, widrigenfalls eine Zwangsstrafe gem § 111 Bundesabgabenordnung (BAO) iHv EUR 1.000 verhängt wird. Mit Bescheid vom 24.8.2021 setzte das Finanzamt die Zwangsstrafe fest und forderte die GmbH auf, die Meldung bis zum 15.10.2021 nachzuholen, widrigenfalls eine zweite Zwangsstrafe iHv EUR 4.000 verhängt wird. Mit Bescheid vom 18.10.2021 wurde die zweite Zwangsstrafe vorgeschrieben, der Bescheid war wieder zu Handen des Geschäftsführers adressiert. Die GmbH erhob gegen beide Bescheide am 12.11.2021 Beschwerde und argumentierte, die per FinanzOnline zugestellten Schreiben wären in die Databox der GmbH gelangt, allerdings habe nur die vorherige Geschäftsführerin den Zugangscode. Dieser Code sei von der Geschäftsführerin auf ihren Namen eingerichtet worden und nach ihrem Ausscheiden verloren gegangen. Die Schreiben bzw Bescheide seien daher nie rechtswirksam zugestellt worden und die Zwangsstrafen zu stornieren.
Finanzamt und BFG teilen diese Rechtsauffassung nicht, weshalb die GmbH eine außerordentliche Revision beim VwGH einbringt.
Für den VwGH (22.11.2023, ) ist die Revision zulässig und begründet. Zu unterscheiden ist der materielle Empfänger, das ist jene Person, für die der Inhalt des zuzustellenden Dokuments bestimmt ist � hier die GmbH �, vom formellen Empfänger, das ist jene Person, welche das Dokument erhalten soll (dies ist beispielsweise oft der steuerliche Vertreter als Zustellungsbevollmächtigter). Wenn das Finanzamt die Schreiben zu Handen des Geschäftsführers zustellt, gehen diese rechtwirksam zu, wenn sie in die Databox dieser Person gelangen. Nach § 7 Zustellgesetz ist die Zustellung an die GmbH erst dann wirksam, wenn die Schreiben dem Geschäftsführer tatsächlich zukommen. Die Dokumente wurden von diesem erst am 3.11.2021 gelesen und daher an diesem Tag zugestellt, womit die beiden Zwangsstrafen nicht wirksam angedroht wurden und zu stornieren sind.
2. Anmerkungen
Bei juristischen Personen wie GmbHs ist der materielle vom formellen Empfänger zu unterscheiden: Für den Fristenlauf relevant ist die korrekte Zustellung an den formellen Empfänger.
Im konkreten Fall wurde dieser Fristenlauf nicht in Gang gesetzt, da das Finanzamt nicht in die Databox des Geschäftsführers zustellte, sondern in die Databox der GmbH. Dieser Zustellmangel wird erst geheilt, wenn der Geschäftsführer die (originalen) Schreiben tatsächlich erhält bzw in die Databox der GmbH tatsächlich Einsicht nimmt. Da die GmbH unmittelbar nach diesem Zeitpunkt ihre Bescheidbeschwerden erhob, waren beide Beschwerden innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist eingebracht. Weiters waren die beiden Zwangsstrafen zu stornieren, da das gesetzliche Erfordernis des § 111 BAO, dass die Zwangsstrafe zuerst angedroht werden muss, bevor sie verhängt werden kann, nicht eingehalten worden war.
Hätte das Finanzamt den Zusatz „zu Handen� weggelassen und wäre auf den Schreiben nur die GmbH angeführt worden, wäre der materielle und der formelle Empfänger die GmbH gewesen. In diesem Fall hätte die Zustellung in die Databox der GmbH den Fristenlauf in Gang gesetzt, unabhängig davon, wann der Geschäftsführer die Schreiben einsah. Eine kleine Variante des Sachverhaltes mit großer Wirkung.
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